Atsuko Araki

01araki-fotoDie seit 1994 in Düsseldorf lebende Scherenschnittkünstlerin Atsuko Araki verbindet Elemente europäischer Kunstgeschichte mit japanischen und europäischen Traditionen. Auf beeindruckende Weise gelingt ihr die traditionelle Kunst des japanischen Papierschnitts, die Kunst des Kirie, neu zu beleben.

Seit alters her wird in Japan Papier in Formen geschnitten. Das älteste zurzeit bekannte Kirigami Fragment stammt aus dem Jahr 757 n. Chr. Das traditionelle japanische Kirigami dient noch heute zur Dekoration für shintoistische Hausaltäre zum Neujahrsfest, um für die Ernte, den Fischfang oder zum Schutz der Familie zu bitten. Bei Tänzen anlässlich des Shimotsuki-Festes zu Ehren der Götter schmücken Kirigami den Bühnenbereich. Sie sind meistens aus weißem Papier geschnitten und sollen Reinheit und Heiligkeit symbolisieren, da sie für die Götter bestimmt sind. Ferner werden Kirigami als Schmuck für das buddhistische Totenfest oder als Aufsatz für Särge verwendet.

02arakisigIm alltäglichen Leben werden die Kirigami als Schablonen für farbige Muster oder Zierräder, als Vorlagen für Bemalungen an Keramiken und Glasartikeln oder für Fächer und Schachteln verwendet. Kirigami werden hergestellt, indem einige bunte Blätter Papier gebündelt und eine Papierschablone auf den Bogen Papier gelegt wird, um dann die Form mit einem Kurzschwert (shoto) bzw. mit einem speziellen Kirigamirnesser auszuschneiden.

Atsuko Araki wurde 1959 auf der Insel Honshu (Hokkaido, Honshu, Shikoku und Kyishu die größten Inseln in Japan) in der Stadt Nikko geboren. Beeindruckende Tempel, Schreine und Mausoleen begründen die Berühmtheit der Stadt. Im Nationalpark, in dem man den höchsten See Japans und den Wasserfall „Kegon“ bewundern kann, stehen die berühmten Affen, die nichts hören, nichts sehen und nichts sagen. Ursprünglich stehen die drei Affen für die Grundprinzipien menschlichen Zusammenlebens nach der Lehre der buddhistischen Tendai-Seke und meinen symbolisch „Höre nichts Böses sieh nichts Böses und sprich nichts Böses“.

In Tokio studierte Atsuko Araki  von 1979 bis 1987 Kunst (Malerei) und Modedesign. Während dieser Zeit wurde sie auf den bekannten japanischen Scherenschnittkünstler Jiro Takidaira aufmerksam und begann sogleich diese Technik anzuwenden die für sie einfach zu erlernen war, weil sie zeichnen kann. Seit 1998 ist sie Mitglied im japanischen Scherenschnittverein (Nippon kirie kvokai) und lehrt in ihrem Atelier die Kunst des Scherenschnitts.

01arakiNeben Themen aus der japanischen und griechischen Mythologie schneidet Atsuko Araki auchMärchen nach den Brüdern Grimm, die in Japan sehr bekannt sind sowie Porträts. Das Schnittbild „..japanische Mythologie 1 “ vereinigt Elemente aus der japanischen Mythologie. Als die Göttin der Sonne Amaterasu sich auf Grund des schlechten Benehmens ihres Bruders in eine Grotte zurückzog, verdunkelte sich die Weit. Daraufhin tanzte Uzume zur Erheiterung der anderen Götter. Angelockt durch ihr Lachen, öffnete Amaterasu den Zugang ihrer Grotte ein wenig, woraufhin ein Gott die Grotte ganz öffnete und die Welt wurde wieder hell.

Atsuko Araki stellt in ihrem Schnittbild den Moment  dar, in dem die Göttin der Sonne mit ihren Lichtstrahlen die Welt wieder mit Helligkeit und Wärme erfüllt. Das Öffnen der Grotte vollzieht sich auf symbolische Weise, indem ein Gott einen Vorhang aufschiebt, vor dem Uzume tanzt.

In dem Rahmen des Bildes sind weitere Elemente japanischer Mythologie veranschaulicht. Die Riesenschlange mit den acht Köpfen in der oberen Rahmenzone und der kleine weiße Hase in der unteren Rahmenzone deuten auf bekannte Mythologien hin. Geschickt in den Rahmen hinein verwoben sind zudem ein Drache als Gott des Flusses oder Meeres und ein Wildschwein als Gott des Berges.

In Kunst und Kultur Japans spielen Götter, Dämonen und übernatürliche Geister eine große Rolle. Die Wurzeln japanischer Mythologie liegen häufig in der Shinto-Religion. Die antike Religion basiert ebenfalls auf verschiedenen Göttern, deren Mythologien seit dem 8. Jahrhundert n. Chr. schriftlich fixiert wurden. In dem Schnittbild „Göttin Demeter 2008“  ist die griechische Göttin der Agrikultur und des Getreides in einem Peplos dargestellt. Dominiert wird das Bild von einem geflügelten Drachen. Triptolemos, eine agrarische Gottheit, sät die von Demeter gefundenen Ähren, erntet und drischt sie. Auf antiken Vasen ist diese Gottheit in einem rädergetragenem Sessel dargestellt. An den Rädern sind Flügel, in die Schlangen eingeflochten sind; später wird der Wagen von Drachen gezogen, wie der von Demeter.

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Der Drachen ist für Demeter kein traditionelles Attribut wie Weizenähre, Blumen oder Früchte. In Japan gilt der ungeflügelte Drache als heiliges Tier. Atsuko Araki könnte gerade dies gereizt haben, den Drachen als Attribut der Göttin Demeter beizufügen.

Stilistisch lassen sich die Schnittbilder auf Elemente des Jugendstils zurückführen. Besonders die dekorativ geschwungene Linie der Rahmen lässt darauf deuten. Die Leerstellen des schwarzen Papiers hinterlegt die Künstlerin mit Tapeten, Bastel- und Japanpapier oder sie färbt und malt die Papiere selbst. Ihre Schnittbilder wirken äußerst malerisch und erinnern an Fensterbilder aus Buntglas, wobei die schwarzen Papierstege wie Bleiruten wirken. So verbindet Atsuko Araki Form und Inhalt ihrer Schnittbilder mit japanischen und europäischen Traditionen und entdeckt neue Wege in der Scherenschnittkunst.

Mein Dank gilt Atsuko Araki sowie Ingrid und Theo Jansen für Informationen über den japanischen Papierschnitt.

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