Zuckerstätter, Norbert

Norbert Zuckerstätter  zuckersttter-foto

Autor(in) Ingrid Engert-Fally
SAW 28

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„lass mich dich spüren deinen widerstand,
bevor du schnitt wirst,
bevor du dich als linie nach innen krümmst“

Dies sind drei Zeilen aus einem Gedicht von Norbert Zuckerstätter 


In diesem Text werden Zuckerstätters Zugang zum Scherenschnitt und Intuition des jungen, freischaffenden Künstlers gut ausgedrückt. Seit der Ausstellung 1999 sind neue Ideen und Ausdrucksformen im Scherenschnitt herausgekommen. Die neuen Schnitte vermeiden Symmetrie. Für die gelochten Papierschnitte wird das Papier sowohl waagrecht als auch senkrecht in circa zwei Zentimeter breite Streifen gefaltet. Über jeden einzelnen Faltrücken können mit dem Bürolocher zuerst waagrecht und dann senkrecht die Löcher gestanzt werden. Die Motive bzw. Schriften werden ausgespart. Der Kugelpapierschnitt ist eine Streuung. Die Balken innerhalb der Kugel sind kleiner dimensioniert als der Hintergrund. Je nach Verwendung des Papiers wird es ein Positiv- oder Negativschnitt, was für das Auge des Betrachters eine zusätzliche Attraktion bieten kann. Das war ein Einstieg über eine mögliche Technik zum Scherenschnitt. Interessant ist aber auch, wie Norbert Zuckerstätter, geboren am 29. September 1971 in Hallein bei Salzburg, Österreich, zur bildenden Kunst gefunden hat.

Norbert Zuckerstätter wurde als zweites Kind von Josef und Josefine Zuckerstätter geboren, der Vater war Tischlermeister mit vier oder fünf Arbeitern, die Mutter war Einzelhandelskauffrau. Der Bruder ist fünf Jahre älter und von Beruf Geigenbauer.

Technische Zeichnungen, Pläne und den Umgang mit Raumperspektiven hat Zuckerstätter früh durch seinen Vater kennen gelernt, die musische Begabung dürfte eher von der Mutter stammen.
In der Schule ist das zeichnerische Talent immer wieder von verschiedenen Lehrern hervorgehoben worden. Er musste aber erfahren, dass zum Talent auch Fleiß gehört, um gute Noten zu bekommen.

Vorerst war als Beruf eine Ausbildung zum Tischler und Einrichtungsberater vorgesehen. 1994 hat Norbert Zuckerstätter die Meisterprüfung für Tischlerei und Raumgestaltung in der Wirtschaftskammer Graz abgelegt. Durch seine Ausbildung wurde die künstlerische Ader in ihm angesprochen. Er besuchte von 1996 bis 1998 die Meisterschule für Bildhauerei bei Professor Nothnagel, Graz. 1998 bekam er ein Stipendium für die Internationale Sommerakademie Salzburg, Irina Nakhova, Skulptur und besuchte 1999 die Sommerakademie Salzburg bei Gerhard Rühm, Zeichnung. 2001 lernte er bei Ernst Caramelle, einem anerkannten Konzeptkünstler, der auch Zeichnen unterrichtete. 2005 besuchte Zuckerstätter die Sommerakademie Aschau, in der Nähe des Chiemsees. Der unterrichtende Franz Feistel ist ein regionaler Künstler (Wandmalerei) mit fundiertem handwerklichem Können.

 

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Das künstlerische Interesse ist breit gestreut und es ist nicht verwunderlich, dass sich auch Möglichkeiten zur Mitarbeit an unterschiedlichsten Projekten ergeben. Erwähnenswert sind u.a. die Mitarbeit bei der Gestaltung der Ausstellung „Jahr des Wassers“ im weit über die Grenzen hinaus bekannten „Haus der Natur“ in Salzburg, die Mitarbeit beim Projekt „Weg der Sinne“ nach Hugo Kückelhaus (ein in den 80-iger Jahren verstorbener Medienpädagoge und Autor zahlreicher Büchern über Anleitungen zum Erleben der Sinne) Haag im Hausruck, Oberösterreich. Zuckerstätter machte dort unter anderem zwei große Gehörtrichter, einen in drei Meter Höhe und einen am Boden. Diese Kupfertreibarbeiten sahen aus wie überdimensionale Grammophontrichter. Setzt man sie ans Ohr, verändert es die Wahrnehmung.

In Mozarts Geburtshaus, in der Getreidegasse in Salzburg, wurde zum Mozartjahr 2006 ein Stadtmodell von Salzburg um 1800 verkehrt an die Decke montiert. Die Installation wurde von dem amerikanischen Bühnenbildner Robert Wilson, der schon großartige Inszenierungen bei den Salzburger Festspielen gemacht hat, entworfen.

Eine Einzelausstellung mit Scherenschnitten war nach kleineren Ausstellungsbeteiligungen 2001 in der Galerie PRO ARTE in Hallein zu sehen; 2003 folgen eine Ausstellungsbeteiligung in der Berchtoldvilla (Berufsvereinigung Bildender Künstler Salzburg) und eine Ausstellung „Österreichischer Scherenschnitt“ in Eisenstadt/ Burgendland/ Österreich, 2004 beteiligt sich Zuckerstätter an der Kunstmesse in Salzburg sowie 2005 an „Junge Kunst aus Österreich“ in der Galerie JUNGER, Berlin. 2005 hat das Land Salzburg einen Scherenschnitt angekauft.

 

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Zuckerstätter ist Vater von vier Kindern und in zweiter Ehe mit einer Italienerin verheiratet. Es gelingt ihm, mit innerer Ruhe seine künstlerischen Vorstellungen zu verwirklichen. Größere und kleinere Reisen ins benachbarte Ausland, vor allem nach Italien, um Ausstellungen zu besuchen, Kontakte zu pflegen und künstlerische Anregungen zu holen, sind für ihn eine Notwendigkeit. Für Aufträge waren in den letzten Jahren Reisen nach Italien, Tschechien und Deutschland erforderlich.

Zuckerstätter ist freischaffender Künstler und arbeitet projektweise mit einem Bildhauer in Salzburg zusammen. Die Arbeiten sind vielschichtig. Neben traditionellen Bildhauerarbeiten in Holz und Stein arbeiten die beiden Künstler auch in unterschiedlichen Abgusstechniken. Kunstfelsen sind täuschend echten Felsen nachgebaut. Diese können reine Dekoration, Kletterfelsen oder, wie im Naturkunde-museum, pädagogischen Inhalt haben. Weitere Projekte sind: Kindererlebniswelten, phantastische Räume in der Hotellerie, Aufträge zur Kunstmalerei auf Leinwand oder Wand, wie z.B. die Stadtansicht von Rio de Janeiro auf Leinwand in Öl, 240 cm x 150 cm, oder in einem privaten Wohnhaus die Ausgestaltung des Schwimmbades mit einer griechischen Landschaft. Ein weiteres Betätigungsfeld sind Architektur und Präsentationsmodelle.

Welche prägenden Persönlichkeiten gibt es im Leben von Norbert Zuckerstätter? Neben den Eltern und Lehrern fällt dem Künstler der ehemalige Schlagzeuglehrer aus Usbekistan, Suchridin Chonow, ein. Rhythmus und die gleichförmige Übung an den Trommeln weisen nach des Künstlers Empfinden eine Parallele zu seiner bildnerischen Arbeit auf. Gerhard Rühm ist ein weiterer Künstler, der Literatur, bildende Kunst und Musik in sich vereint und zum Ausdruck bringt und den jungen Zuckerstätter sehr beeindruckt.

Ist es die Natur, aus der die Ideen und die Kraft zum künstlerischen Schaffen kommen? Zuckerstätter meint, dass es nur eine Idee im Leben gibt und dieser Idee nähert man sich täglich aufs Neue.

 

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Interessant ist vielleicht zum Schluss, wie Zuckerstätter bei seiner Vielseitigkeit gerade zum Scherenschnitt gefunden hat. Das hängt mit der von ihm ausgeübten dekorativen Malerei zusammen, bei der oft Schablonen verwendet werden. In den 90-iger Jahren gestaltete er einen Messestand in Düsseldorf. Eine Unterwasserwelt mit Korallenriffen, vielen bunten Fischen, Tauchern und alten Wracks wurde unter Verwendung von Schablonen gemalt. Tagelang mussten dazu Schablonen ausgeschnitten werden. Diese Arbeit beflügelte Zuckerstätter, im Papierschnitt weiterzumachen.

 

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