Ruth Bühlmann: Experimente

Buhlmann_portraitSeit 1989 übt die Schweizer Künstlerin Ruth Bühlmann den Scherenschnitt aus. Immer auf der Suche nach Innovation, erweitert sie den traditionellen schwarz-weißen Scherenschnitt in die dritte Dimension und experimentiert mit Farbe. Ihre Werke, die oft einen Bezug zur Natur haben, konnte Bühlmann bereits auf zahlreichen Ausstellungen in der Schweiz präsentieren.

Ruth Bühlmann ist eine Künstlerin, die stets die künstlerische Herausforderung annimmt. Seit 2009 experimentiert sie mit selbst gedrucktem Papier und später auch mit der Spritztechnik, welche das Papier und den Bildgrund sehr belebt. Es entstehen Schnittbilder von Gräsern und Steinen. Die Schnitte sind nicht fest auf den Grund geklebt, sondern heben sich etwas von ihm ab. Dadurch können die Schnitte kleine Schatten werfen und werden je nach Tageszeit lebendig. Ruth Bühlmanns Pflanzenschnitte gehen über morphologische Studien hinaus, indem die Künstlerin immer auch versucht, den Gegenstand zu abstrahieren. Eindrucksvoll gelingt ihr dies in den Steinbildern, in denen die Adern der Steine verschlungene, negative Linien und Flächen bilden.

Ruth Bühlmann: Rose, 2004,18x18cm

Ruth Bühlmann: Rose, 2004,18x18cm

Ruth Bühlmann: Tannenwald, 2000, 27x27cm

Ruth Bühlmann: Tannenwald, 2000, 27x27cm

Ruth Bühlmann: Stein rot, 2012, 40x40cm

Ruth Bühlmann: Stein rot, 2012, 40x40cm

Ruth Bühlmann: Blütenstände, 2012, 18x18cm

Ruth Bühlmann: Blütenstände, 2012, 18x18cm

In der Werkgruppe „Bäume“ (seit 2014) schafft sie naturalistische Porträts von imposanten Bäumen. Ihre Bäume, deren Blätter man im Wind meint rascheln zu hören, sind meist windschief und etwas knorrig und stehen in einer angedeuteten Landschaft. Man fühlt sich an Bilder des Romantikers Caspar David Friedrich (1774–1840) erinnert, für den die Natur immer auch eine Seelenlandschaft war.
Ruth Bühlmann: Berglärche 2, 2014, 38x38cm

Ruth Bühlmann: Berglärche 2, 2014, 38x38cm

Ruth Bühlmann: Berglärche 1, 38x38cm

Ruth Bühlmann: Berglärche 1, 38x38cm

Ruth Bühlmann: Gartenblumen, 2012, 12x12cm (auf Holzsockel)

Ruth Bühlmann: Gartenblumen, 2012, 12x12cm (auf Holzsockel)

Rüth Bühlmann erweitert nicht nur die Technik Scherenschnitt, sondern auch die Präsentation von Schnittbildern. So legt sie das Schnittbild zwischen Glas-oder Plexiglasscheiben und hängt diese frei auf oder oder stellt sie auf einen Sockel. Das Spiel von Licht und Schatten ist in dieser Werkgruppe wesentlich sowie der Bezug zum Raum. Bei der Präsentation der Schnittbilder auf einen Sockel kann der Betrachter zudem um das Bild gehen. Im Gegensatz zum Tafelbild, das nur eine Betrachterseite hat, arbeitet der Scherenschnitt mit der Durchbrechung der Fläche. Diese Dekonstruktion ermöglicht es, das Bild buchstäblich von zwei Seiten zu betrachten. Ist das Schnittbild zwar zweidimensional, suggeriert es Dreidimensionalität. Bühlmann stellt hier in letzter Konsequenz auch Fragen zum Konzept ,Bild‘.

 

Ruth Bühlmann: Steinschnitte, 2011, 40x 40 cm

Ruth Bühlmann: Steinschnitte, 2011, 40x 40 cm

Ruth Bühlmann: Der rote Faden ist weiß, 2012

Ruth Bühlmann: Der rote Faden ist weiß, 2012

Deutete Bühlmann in ihren Papierschnitt-Objekten Räumlichkeit an, so überführt sie in der Serie „ Der rote Faden ist weiß“ das Schnittbild selbst ins Dreidimensionale. In längliches, weißes Papier, welches bis zur Mitte gefaltet wurde, schnitt die Künstlerin in kurzen Abständen hinein. Es entstehen feine Papierstege, die in sich gedreht sind. Diese Papier-Girlanden sind in einem tiefen, weißen Rahmen platziert. An der Seite der untereinander angeordneten Rahmen ist ein roter Faden an der Wand gehängt.

Unter dem Motiv des roten Fadens versteht man seit Goethes „Wahlverwandtschaften“ (1809) einen leitenden Gedanken, einen Weg oder Richtlinie. Bühlmanns roter Faden ist zwar nicht zu übersehen, aber er hat nicht mehr die bestimmende Rolle. Sie haben die Schnitt-Girlanden übernommen. Bühlmanns weißer Faden, ihr leitender Gedanke, ist die Modernität des Scherenschnitts.

Ruth Bühlmann: Wer wenn nicht wir, wann wenn nicht jetzt, 2014, 15x15 cm

Ruth Bühlmann: Wer wenn nicht wir, wann wenn nicht jetzt, 2014, 15×15 cm

Ausstellungsansicht „Kunst im Dorf“ (Rickenbach, ZH), 2014

Ausstellungsansicht „Kunst im Dorf“ (Rickenbach, ZH), 2014

Im 18. Jahrhundert kam in Deutschland und der Schweiz in ländlichen Gegenden der Brauch auf, Wunsch- und Andenkenblätter als Scherenschnitte zu gestalten. Hierbei griffen die Scherenschneider auf Kaligraphie und Spitzenbilder zurück. Das Schriftschneiden war von Ruth Bühlmann ein lang gehegter Wunsch. Seit 2014 schneidet sie Ihre „Sprüche“.

Die Schnitt-Worte sind aus farbigem Papier geschnitten. Der Bildgrund wiederholt die Farbe bzw. das Farbspektrum der Schnitt-Worte. Es entsteht der Eindruck eines Labyrinths. Die Schriftschnitte Bühlmanns sind Ornamenten gleich die bisher abstraktesten Werke und regen zum Nachdenken an.

Ruth Bühlmann ist eine Künstlerin, die immer wieder mit neuen Techniken und Interpretationen des traditionellen Scherenschnitts überrascht. Wir sind gespannt, was ihr als Nächstes einfallen wird.

www.schnittkunst.ch

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