Tank, Wulfhild

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Autor(in) Ursula Kirchner
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Die Ausstellung von Künstlern und Künstlerinnen des Deutschen Scherenschnittvereins e.V. in Weilburg hat uns deutlich gezeigt, welche Möglichkeiten im Scherenschnitt stecken. Besonders angesprochen haben mich die zarten Schnitte von Wulfhild Tank, so wie uns ein Veilchen unter all den leuchtenden anderen Blumen anrührt.

Die Scherenschnitte von Wulfhild Tank sind außerordentlich fein und exakt gestaltet, und doch möchte ich für ihre Arbeiten das beliebte Wort „diffizil“ nicht verwenden – es ist mir zu gewöhnlich. Bei ihr verbinden sich Gedankliches und Naturphilosophisches mit Erfindungsreichtum, guter Komposition und ausgefeilter Technik.

Beim Scherenschnitt ist es möglich, in einem Schaffensgang ein positives und ein negatives Exemplar zu schaffen. Diese Möglichkeit nutzt sie mit Bravour.

Ein gutes Beispiel ist der Schnitt „Gemeinsamkeit“ .


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Beim Betrachten des schwarzen Schnittes frage ich mich als erfahrene Scherenschneiderin, wie Wulfhild Tank es geschafft hat, einen perfekten Gegenschnitt herauszuarbeiten und das auch noch in dieser wundervollen Feinheit. Noch mehr beeindruckt mich aber die Vollkommenheit der Komposition.

Um die zentrale Figur, aus deren Zentrum sternartig Strahlen gehen, kreisen vier weitere Figuren. Man denkt sofort an Christus und die vier Evangelisten. Die Zahl „Fünf“ steht für den Kosmos. Wenn man weiß, dass Wulfhild Tank drei Kinder hat, so könnte man auch sagen, das Bild spiegelt die Gemeinsamkeit einer idealen Familie wider, deren Zentrum der Vater ist.

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„Kosmische Wellen“ Auch dieses ist ein schwarzes Bild. In den weichen Linien, die sich nach oben zu einem Kreis schließen, schwebt andeutungsweise eine Figur, während unten vier deutliche weiße Gestalten klein und hilflos zurückbleiben. Der christliche Bezug ist nicht zu übersehen – handelt es sich um die Himmelfahrt Christi? Oder könnte es nicht auch die suchende Seele sein, die aus dem tristen Alltag entfliehen will?

Hier möchte ich doch ein wenig aus dem Lebensgang der Künstlerin berichten.

Ich zitiere: „Jahrgang 1940. Von Kind an nicht auf eine bestimmte Art der künstlerischen Aussage fixiert; sie wechselt je nach Situation, Anforderung und Anliegen. Als Dreizehnjährige lernte ich in der Schule die Technik des Scherenschnitts kennen. Blumenbilder und Märchen-Illustrationen waren der Anfang in dieser schwarz-weißen Ausdrucksform, die meinen gedanklichen Vorstellungen am besten entsprach. Das hauptsächliche Thema meiner Bilder war immer der Mensch in seinem Verhältnis zu sich selbst und zur Natur. Doch vom Elternhaus her hieß es: „ Aus Kunst wird kein Beruf gemacht!“ Mein Architekturstudium scheiterte an der ersten Schwangerschaft!“

Es ist der Werdegang einer Ehefrau und Mutter, die nie aufgehört hat, schöpferisch tätig zu sein. Wulfhild Tank zählt auf, womit sie sich abgegeben hat: Gedichte, Märchen und kleine Geschichten, Blumen- und Kinderbilder, Kunsthandwerk, Nähen, Herstellen von Püppchen und Tieren, Bleistift- und Kohlezeichnungen, Töpferarbeiten, Scherenschnitt u. a. m. Die meisten dieser Tätigkeiten sind sicher eng mit ihrer Aufgabe als Mutter verbunden, wie das Erzählen von Märchen und Geschichten oder auch das Nähen und das Anfertigen von Püppchen.

Ihre Themen beziehen sich zunehmend auf ihre Familie und die Kinder. Dies wird sehr deutlich bei dem Scherenschnitt „Junges Leben“.

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Es ist eine „Dreieinigkeit“, denn es sind drei Kindchen dargestellt, die in den „Uterus“ von drei Blumenzwiebeln eingebettet sind, die schon begonnen haben zu wurzeln und zu wachsen.
Die Gedanken von Wulfhild Tank kreisen um Schöpfung, Leben, Geburt; aber auch die Beschwernisse des Daseins drängen sich auf.

Das Bild „Verhinderte Geburt“zeigt die zwei Seiten des menschlichen Lebens auf eindringliche Weise. Der 08interessante Schnitt stellt eine Figur mit Kopf, Armen und Händen und gegabeltem Schwanz dar, die sich blutegelartig durch Schachtelhalme windet. Ist es ein Strom, in dem sich viele kleine Menschlein tummeln? Ist es ein Meerweibchen, das alle diese Wesen noch nicht geboren hat? Eigenartig ist der Kopf, in dessen Schale ein Embryo gefangen sitzt. Der Hals ist zu eng für das Kind. Es ist eine Totgeburt. Welche Ängste verbergen sich hier? Werden hier vergebliche Kopfgeburten beklagt?


Wasser scheint das Lebenselement der Künstlerin zu sein, denn sie stellt es auf vielfältige Weise dar.


                

„Das Wasser des Sees“

05jpgVielleicht, dass es Wollust spürt,                                                          
wenn es über die Felsen schmeichelt.
Vielleicht, dass es die Bilder kennt,
die es weich in glitzernder Sonne entwirft.
Vielleicht, dass es glücklich ist,
die Steine zu küssen,
die Fische und Algen zu wiegen.
Vielleicht, dass es lacht,
wenn seine Wellen plätschern…
Mir scheint es so vollkommen und schön.
W. H. Tank


Bei den meisten Bildern von Wulfhild Tank ist das Weiche, Fließende dargestellt, das Runde, Weibliche.Aber nicht alles ist rund in ihrem Leben, wie uns das Bild „Aufstieg“ zeigt.

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Der Mann steigt auf und unter der Treppe ducken sich Mutter und Kinder.

Zum Schluss noch ein schönes Abbild der männlichen Welt, ein „Hochofen“.  Jahrelang hat Wulfhild als technische Zeichnerin gearbeitet. Diese Welt ist ihr bekannt und sie hat sie auch perfekt dargestellt.

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2 Antworten

  1. Renate Tank sagt:

    Die Arbeiten von Wulfhild Tank haben mich sehr berührt und
    beeindruckt. Dieses tiefe Sprechen aus ihren Werken ist genial.

    Liebe Grüße
    Renate Tank

  2. Judith Kenschner sagt:

    Das beeindruckendste, was ich gestern gesehen habe.

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